Änderungen beim Know-How-Schutz beachten

Die EU Richtlinie (2016/943) zum Schutz von Know-How vor dem rechtswidrigen Erwerb sowie die rechtswidrige Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen ist seit dem 5. Juli 2016 in Kraft. Die Richtlinie ist binnen zwei Jahren von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Spätestens im Sommer ist daher mit gravierenden Änderungen im Bereich des Schutzes von Firmengeheimnissen zu rechnen. Wir haben aber den Eindruck, dass nunmehr der gesamte Mittelstand nur auf die Frist der DSGVO schaut und dieses wichtige Thema völlig aus den Augen gelassen wird.

Unternehmen und nicht kommerzielle Forschungseinrichtungen investieren in den Erwerb, die Entwicklung und die Anwendung von Know-how und Informationen — die Währung der wissensbasierten Wirtschaft, die einen Wettbewerbsvorteil schafft. Diese Investition in die Schaffung und Anwendung intellektuellen Kapitals ist ein bestimmender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit und den Markterfolg der Unternehmen durch Innovation und damit ihre Rendite, die letztlich die Motivation für ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten darstellt. Unternehmen wenden unterschiedliche Mittel an, um sich die Ergebnisse ihrer Tätigkeiten im Innovationsbereich anzueignen, wenn eine freie Zugänglichkeit nicht die volle Nutzung ihrer Investitionen in Forschung und Innovation erlaubt.

Eines dieser Mittel ist die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums in Form von Patenten, Geschmacksmusterrechten oder Urheberrechten. Ein weiteres Mittel, um sich die Ergebnisse der Innovation anzueignen, ist der Schutz des Zugangs zu Wissen und die Verwertung von Wissen, das für das betreffende Unternehmen von Wert und nicht allgemein bekannt ist. Solch wertvolles Know-how und solche wertvollen Geschäftsinformationen, die nicht offengelegt werden und vertraulich zu behandeln sind, werden als Geschäftsgeheimnis bezeichnet.

Die nationalen Vorschriften unterscheiden sich derzeit stark danach, ob die rechtmäßigen Inhaber von Geschäftsgeheimnissen die Vernichtung von Produkten, die von Dritten unter rechtswidriger Nutzung von Geschäftsgeheimnissen hergestellt wurden, oder die Rückgabe oder Vernichtung aller Dokumente, Dateien oder Materialien verlangen können, die das rechtswidrig erworbene oder genutzte Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern. Darüber hinaus tragen die anwendbaren nationalen Vorschriften zur Schadensersatzberechnung nicht immer dem immateriellen Charakter von Geschäftsgeheimnissen Rechnung, was es schwierig macht, den tatsächlich entgangenen Gewinn oder die unlautere Bereicherung des Rechtsverletzers europaweit einheitlich zu belegen, wenn kein Marktwert für die fraglichen Informationen bestimmt werden kann. Außerdem fehlt es an Kohärenz hinsichtlich der zivilrechtlichen Rechtsbehelfe, die im Falle eines rechtswidrigen Erwerbs oder der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zur Verfügung stehen, da nicht in allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Unterlassungsverfügung gegen Dritte besteht, die nicht Wettbewerber des rechtmäßigen Inhabers des Geschäftsgeheimnisses sind.

In einigen Industriezweigen, in denen Urheber und Innovatoren keine Exklusivrechte genießen und in denen sich Innovationen traditionell auf Geschäftsgeheimnisse stützen, ist es mittlerweile ein Leichtes, in Verkehr gebrachte Erzeugnisse mithilfe von „Reverse Engineering“ nachzukonstruieren. In diesen Fällen können die genannten Urheber und Innovatoren von Praktiken wie Produktpiraterie oder sklavischen Nachahmungen betroffen sein, die von ihrem Ansehen und ihre Innovationsanstrengungen profitieren. In einigen nationalen Rechtsvorschriften über unlauteren Wettbewerb wird auf diese Praktiken eingegangen. Diese Richtlinie hat zwar nicht zum Ziel, das Recht des unlauteren Wettbewerbs insgesamt zu reformieren oder zu harmonisieren, jedoch sollte die Kommission sorgfältig prüfen, ob in diesem Bereich auf Unionsebene Handlungsbedarf besteht.

Nach dem Willen des EU-Gesetzgebers liegt der Hauptaugenmerk der Richtlinie darauf, eine homogene Definition des Begriffs „Geschäftsgeheimnis“ festzulegen, ohne den vor widerrechtlicher Aneignung zu schützenden Bereich einzuengen. Eine solche Definition sollte daher so beschaffen sein, dass sie Know-how, Geschäftsinformationen und technologische Informationen abdeckt, bei denen sowohl ein legitimes Interesse an ihrer Geheimhaltung besteht als auch die legitime Erwartung, dass diese Vertraulichkeit gewahrt wird. Darüber hinaus sollten solches Know-how oder solche Informationen einen — realen oder potenziellen — Handelswert verkörpern.

Solches Know-how oder solche Informationen müssen so verstanden werden, dass sie einen Handelswert verkörpern, zum Beispiel wenn ihr unbefugter Erwerb oder ihre unbefugte Nutzung oder Offenlegung die Interessen der Person, die rechtmäßig die Kontrolle über sie ausübt, aller Voraussicht nach dadurch schädigt, dass das wissenschaftliche oder technische Potenzial, die geschäftlichen oder finanziellen Interessen, die strategische Position oder die Wettbewerbsfähigkeit dieser Person untergraben werden. Die Definition eines Geschäftsgeheimnisses schließt belanglose Informationen aus.

Nach Artikel 2 der Richtlinie besteht nur noch in den Fällen ein schützenswertes „Geschäftsgeheimnis“, wenn es sich um Informationen handelt, die alle nachstehenden Kriterien erfüllen:

  • Sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind;
  • sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind;
  • sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt;

Für die aufgeführten Rechtsbegriffe liefert die Richtlinie auch noch gleich ein paar Legaldefinitionen mit. Danach sind

  • „Rechtsverletzer“ jede natürliche oder juristische Person, die auf rechtswidrige Weise Geschäftsgeheimnisse erworben, genutzt oder offengelegt hat;
  • rechtswidrig ist eine Handlung dann, wenn diese erfolgt durch
      1. a) unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtmäßigen Kontrolle durch den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt;
        b) jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen als mit einer seriösen Geschäftspraxis nicht vereinbar gilt.
  • Die Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gilt als rechtswidrig, wenn sie ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses durch eine Person erfolgt, von der sich erweist, dass auf sie eine der folgenden Bedingungen zutrifft:
      1. a) Sie hat das Geschäftsgeheimnis auf rechtswidrige Weise erworben.
        b) Sie verstößt gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder eine sonstige Verpflichtung, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen.
        c) Sie verstößt gegen eine vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses.

Zu Recht weist die EU-Richtlinie darauf hin, dass der rechtswidrige Erwerb, die rechtswidrige Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses (womöglich auch durch einen Dritten) verheerende Folgen für den rechtmäßigen Inhaber des Geschäftsgeheimnisses haben kann, da dieser nach der Offenlegung den Zustand vor dem Verlust des Geschäftsgeheimnisses nicht wieder herstellen kann. Folglich kommt es entscheidend darauf an, rasche, wirksame und zugängliche vorläufige Maßnahmen zur unverzüglichen Beendigung des rechtswidrigen Erwerbs oder der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses zu treffen, auch in dem Fall, dass es zur Erbringung von Dienstleistungen genutzt wird.

Eine Änderung wird noch für 2018 zu erwarten sein. Danach kann sich nur noch derjenige erfolgreich auf einen Geheimnisschutz berufen, der darlegen und beweisen kann, dass die fraglichen Informationen „Gegenstand von den Umständen entsprechend angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ waren. Es werden also konkrete Schritte erforderlich sein, um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen überhaupt zu begründen. Nachträglich wird man diese Schritte nicht mehr hinbekommen, wichtig ist daher, schon jetzt damit zu beginnen und alle Schritte gerichtsfest zu dokumentieren.

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