Urteile EDV-Recht

Urteile zum EDV-Recht:

Dass EDV aus Hard- und Software besteht, brauchen wir interessierten Kreisen wohl nicht mitzuteilen. Rechtlich gesehen ist die Unterscheidung aber immer wieder bedeutsam, weil die Rechtsprechung die den jeweiligen Geschäften zugrundeliegenden Verträge anders einordnet. Wenn Sie das Urteil im Volltext einsehen möchten, so klicken Sie bitte auf den hinter der jeweiligen Urteils-Überschrift befindlichen Link.

Anforderungsprofil; OLG Köln; Urteil vom 29.07.2005; ger. Az.: – 19 U 4/05 –
Zunächst ist bei diesem Urteil Vorsicht geboten. Es handelt sich um einen aktuellen Fall, der jedoch die Rechtslage vor Januar 2002 betrifft. Die immer noch spannende und durch Obergerichte ungeklärte Frage, ob es sich bei Softwareprogrammierung um einen Werkvertrag oder Kaufvertrag (Werklieferung) handelt, ist damit immer noch nicht entschieden (Stand: Februar 2006).

Jedenfalls nach der vor der Schuldrechtsreform geltenden Rechtslage liegt aber bei der Lieferung von Individualsoftware ein Werkvertrag vor. NAch Meinung des OLG Köln ist für die Sollbeschaffenheit, also den Inhalt des Anforderungsprofils der Software nur der Anwender und zwar auch nach dem Zeitpunkt der Abnahme darlegungs- und beweispflichtig. Er ist für die Erstellung des Anforderungsprofils verantwortlich, wobei das Softwarehaus zur Hilfestellung bei der Erstellung der Anforderungen aufgrund des Wissensvorsprungs verpflichtet sein kann, was jedoch nicht dazu führt, dass der Auftraggeber aus seiner Pflicht zur klaren Beschreibung seiner Anforderungen entlassen wird.

ASP-Vertrag als Miete; BGH Urteil vom 15.11.2006 -XII ZR 120/04-

Seit Einführung der ASP-Nutzung von Software war unter Juristen streitig, ob es sich bei dieser Vertragsart um einen Vertrag sui generis oder einen typengemischten Vertrag handelt oder eben doch nach der Vertragstypologie des Schuldrechtes reines Mietrecht anwendbar ist.

Grundsätzlich besteht zwar im Schuldrecht im Gegensatz zum Sachenrecht kein Typenzwang, das bedeutet, die Parteien können Verträge vereinbaren, die im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen sind. Gleichwohl nimmt die Rechtsprechung immer wieder eine Einordnung der verschiedenen Vertragstypen vor, was dann weitreichende Folgen haben kann.

In AGBen zu ASP-Verträgen wird man künftig keine Regelungen mehr unterbringen können, die den Vorschriften über Mietverträge diametral entegegenstehen. Dies gilt jedenfalls für Verbraucherverträge und in gewissem Umfang auch bei Verwendung von AGBen oder Standardverträgen gegenüber Unternehmern.

Die wichtigsten regelungen im Mietrecht sind:

  • Rügepflicht des Mieters bei Mängeln
  • Haftung des Vermieters für alle Mängel
  • Minderung der Vergütung bei vorhandenen Mängeln
  • Eigentum an der Software verbleibt beim ASP-Betreiber
  • Sonderkündigungsrecht, sofern der Vermieter die Gebrauchsüberlassung an Dritte verweigert
  • automatische Verlängerung bei Weiterbenutzung der Mietsache nach Ablauf der festen Mietzeit

Interessant wird sein, wie sich insbesondere das Sonderkündigungsrecht bei Verweigerung der Nutzung durch Dritte auf die Vertragsgestaltungen von ASP-Verträgen auswirken wird.

Besichtungsrecht des Urhebers; BGH Urteil vom 2.05.2002; ger. Az.: – I ZR 45/01 –

Oft ist es für den Urheber schwer, nachzuweisen, dass Dritte bei der Erstellung ihrer Software seine Rechte verletzt haben und z.B. gewisse Programmteile übernommen haben. Hierfür gibt das Gesetz mit § 809 BGB die Möglichkeit, diese Software zu untersuchen bzw. untersuchen zu lasen.

Der BGH hat nun entschieden, dass der Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB auch dem Urheber zustehen könne, der sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung des geschützten Werks hergestellt worden ist. Voraussetzung ist dabei stets, daß für die Verletzung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.

Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Besitzers der zu besichtigenden Sache sei im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, führe jedoch nicht dazu, daß generell gesteigerte Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Rechtsverletzung zu stellen wären (im Anschluß an BGHZ 93, 191 – Druckbalken). Im Rahmen der Abwägung sei insbesondere zu prüfen, ob dem schützenswerten Geheimhaltungsinteresse auch bei grundsätzlicher Gewährung des Anspruchs – etwa durch Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten – genügt werden kann.

CPU-Klausel in Softwarelizenzen; BGH, Urt. v. 24. 10. 2002 – I ZR 3/00 –

Der Streit um die CPU-Klauseln ist fast so alt wie die Computergeschichte. Früher wurde immer wieder versucht, dem Anwender beim Kauf eines neuen Rechners die weitere Nutzung der auf dem alten Rechner verwendeten Software zu untersagen. Bei gekaufter Software verstöst eine solche in AGBen festgelegte Vereinbarung gegen den im Urheberrecht verankerten Erschöpfungsgrundsatz. Danach kann derjenige, der ein Vervielfältigungsstück einer Software mit Zustimmung des Urhebers gekauft hat, damit verfahren wie er will, sofern er keine weiteren Kopien von dieser Software herstellt, als er zur vertragsgemäßen Nutzung und einer Sicherungskopie benötigt.

Bei hochpreisiger Software (hier: c.a. EUR 50.000) eröffnet nun der BGH die Möglichkeit einer solchen Nutzungsbeschränkung für die Fälle, in denen die Software nicht verkauft sondern lediglich zur Nutzung überlassen wurde. Im vorliegenden Fall war auch eine jährliche Erneuerungsgebühr der Lizenz zu zahlen, was beim Kauf einer Software nicht möglich ist. Hierfür hat der BGH nun die CPU-Klausel zugelassen:

Eine Klausel in einem Softwarelizenzvertrag, die die Verwendung einer auf begrenzte Zeit überlassenen Software auf einem im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Rechner leistungsstärkeren Rechner oder auf weiteren Rechnern von der Vereinbarung über die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abhängig macht, benachteiligt den Vertragspartner nicht unangemessen.

Eine solche Vertragsklausel ist auch nicht deswegen unangemessen, weil sie für den Fall des Wechsels auf einen leistungsstärkeren Rechner auch dann Geltung beansprucht, wenn der Lizenznehmer durch technische Maßnahmen erreicht, daß sich die Leistungssteigerung auf den Lauf der lizenzierten Software nicht auswirkt.

Datenbankhersteller; BGH; Urteil vom 21. 07. 2005; – I ZR 290/02 –

Nun hat auch der BGH zur Schutzfähigkeit und des Umfangs des Rechtes an der Leistung des Datenbankherstellers Stellung genommen.

Ein Verstoß gegen das ausschließliche Recht eines Datenbankherstellers, die Datenbank insgesamt oder in einem nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, kann auch gegeben sein, wenn Daten entnommen und auf andere Weise zusammengefaßt werden. Auf die Übernahme der Anordnung der Daten in der Datenbank des Herstellers kommt es für den Schutz nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht an. Die andersartige Anordnung der entnommenen Daten durch den Verwender hat nicht zur Folge, daß diese ihre Eigenschaft als wesentlicher Teil der Datenbank verlieren.

Datenbank; LG Köln, Urteil vom 2. 12. 1998; Az: 28 0 431/98;

Dieses Urteil verbietet die gewerbliche Nutzung einer mit Mühe und finanziellem Aufwand gefertigten Online-Datenbank, ohne den Hersteller der Datenbank zu entlohnen oder eine Erlaubnis einzuholen.
Denn auch Zusammenstellungen von einfachen aber mit nicht unerheblichen Aufwand hergestellten Datensätzen fallen nach Ansicht des Gerichtes unter den Datenbankbegriff und genießen daher den Schutz gegen unerlaubte Nutzung.
Die Auswertung von Immobilien-Anzeigen des Online-Teils einer Tageszeitung mit Hilfe einer gewerblichen Suchmaschine beeinträchtigt die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers in unzumutbarer Weise. Der Hersteller der Datenbank kann daher eine Nutzung verbieten.

„Adress-Datenbank“; Kammergericht (Berlin); Urteil vom 09.06.2000; 5 U 2172/00

Hier ein weiteres Urteil zum immer noch umstrittenen Begriff einer Datenbank. Das KG Berlin setzt zunächst mit dem Begriff auseinander und arbeitet dann auch die Bedeutung von „unwesentlichen Teilen“ einer Datenbank heraus, die nach dem UrhG ohne weiteres übernommen werden dürfen.
Im einzelnen soll die Übernahme von 300 bis 400 Adressdaten von Veranstaltern für eine Vorverkaufs-Software keine unerlaubte Übernahme von Datenbankteilen darstellen. Ist die Übernahme der Daten durch das UrhG als Sondergesetz erlaubt, so kann ein Verstoß gegen § 1 UWG nur dann vorliegen, wenn besondere Umstände zusätzlich hinzutreten, die eine Unlauterkeit begründen.

Erschöpfung bei Software; OLG Frankfurt; Urteil vom 3.11.1998; ger. Az.: – 11 U 20/98 –

Auch wenn es sich vorliegend nur um ein Kostenurteil handelt, geht das OLG Frankfurt in ganzer Breite auf die angesprochenen Rechtsfragen ein.

Nach dem auch für Software geltenden Erschöpfungsgrundsatz hängt nach Auffassung des OLG der urheberrechtliche Verbrauch des Verbreitungsrechts allein davon ab, ob der Rechtsinhaber dem Inverkehrbringen des Werkes durch Veräußerung zugestimmt hat. Im Falle der Veräußerung von Vervielfältigungsstücken von Computerprogrammen trete die vollständige Erschöpfung des Verbreitungsrechtes mit Ausnahme des Vermietrechtes ein. Eine Ausnahme von diesem Erschöpfungsgrundsatz könne allenfalls in schuldrechtlicher Form vorgenommen werden.

„fash 2000“; BGH, Urt. v. 03.03.2005; ger. Az.: – I ZR 111/02 –

Bei komplexen Computerprogrammen spricht eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung. In derartigen Fällen ist es Sache des Beklagten darzutun, daß das fragliche Programm nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.

Ist Gegenstand eines Vertrages allein die Übertragung einzelner Nutzungsrechte, ist § 34 Abs. 3 UrhG nicht anwendbar, auch wenn es sich bei den zu übertragenden Nutzungsrechten um den wesentlichen Vermögenswert des veräußernden Unternehmens handelt. Die Verweigerung der Zustimmung kann in einem solchen Fall aber Treu und Glauben widersprechen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG).

Sind an der Schaffung eines Werkes verschiedene Urheber beteiligt, ist bei einer zeitlichen Staffelung der Beiträge eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, daß jeder Beteiligte seinen (schöpferischen) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat.

Freiberufler; BFH; Urteil vom 4. 05. 2004; ger. Az.: – XI R 9/03 –

Dies langerwartete Urteil wird einigen Programmierern die Chance geben, gezahlte Gewerbesteuern zurückzufordern. Früher war die Befreiung von der Gewerbesteuer nur bei Systemsoftware möglich, nun gibt der BFH den Weg auch für Anwendersoftware frei. Dabei ist dies grundsätzlich auch rückwirkend möglich, bezogen auf den entschiedenen Sachverhalt, also unter Umständen bis zum Jahre 1991.

Programmierer, die keine akademische Ausbildung haben, müssen ihren Wissensstand und somit Befähigung zur freiberuflichen Tätigkeit ggf. nachweisen. Sofern aber Gewerbesteuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, eine Betriebsprüfung noch nicht beendet oder ein Einspruchs- oder Klageverfahren anhängig ist, kann der Programmierer auch nachträglich versuchen, eine Anerkennung als Freiberufler und somit Befreiung von der Gewerbesteuer zu erhalten. Eventuell besteht sogar die Möglichkeit, aufgrund neuer Tatsachen Wiedereinsetzung zu beantragen und auf diesem Wege bereits rechtskräftige Bescheide anzufechten. Dies ist Tatfrage jeder Programmierer, der noch nicht als Freiberufler anerkannt ist, sollte diese Fragen vom Steuerberater oder Rechtsanwalt klären lassen.

Denn der BFH hat entschieden: Ein selbständiger EDV-Berater, der Computer-Anwendungssoftware entwickelt, kann einen dem Ingenieur ähnlichen Beruf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausüben (Änderung der Rechtsprechung).

Fremdreparatur; OLG Hamm; Urteil vom 14.02.2000 – 13 U 196/99 –

Dieses Urteil wird in einigen AGBen eine Umstellung erforderlich werden lassen.

Der Besteller von Hard- und Software, der nicht über EDV-Kenntnisse verfügt, spezifiziert seine Mängelrüge hinreichend, wenn er dem Lieferanten das aufgetretene „Fehlerbild“ mitteilt, so daß es gegebenenfalls für einen Sachverständigen prüfbar ist. Nach der Abnahme tritt das Interesse des Auftragnehmers an der Unversehrtheit seines Werkes hinter dem Interesse des Auftraggebers, den Schaden zu untersuchen, zurück; der Auftraggeber kann daher auch Dritte mit der Feststellung des Schadens beauftragen und hierfür Änderungen an dem System vornehmen. Eine Klausel in AGBen, welche eine Gewährleitung auch in einem solchen Fall immer auschließt benachteiligt den Vertragspartner in unangemessener Weise und ist mit § 9 AGBG nicht vereinbar.

Innungsprogramm; Schutz von Software; BGH, Urt. v. 23. 01. 2003 – I ZR 18/00 –

Für die Frage der Urheberrechtsverletzung ist vor allem auf bestehende Übereinstimmungen und weniger auf Abweichungen der PRogrammteile abzustellen. Dabei ist auch zu beachten, dass der Urheberrechtsschutz nicht nur dem Programm als Ganzem zukommt, sondern auch einzelne Programmteile dem Urheberrechtsschutz zugänglich sind.

Der Antrag, mit dem der Berechtigte die Unterlassung einer Urheberrechtsverletzung begehrt, muß die Verletzungsform beschreiben. Eine Wiedergabe des kopierten Originals kommt nur in Fällen einer identischen Übernahme in Betracht.

Installation als Werkvertrag; OLG Hamm; Urteil vom 08.08.2007 – 12 U 26/07 –

Dieses Urteil ist angesichts der Auswirkungen recht kurz begründet. Darin legt das OLG Hamm fest, dass auch nach der Schuldrechtsreform die Installation eines Softwaresystems nicht Werklieferung (also Kauf) sondern Werkvertragsrecht ist. Darüberhinaus ist hier zu beachten, dass das Gericht auch unter Kaufleuten es unschädlich ansah, dass der Anwender die Tauglichkeit der Daten für das System erklärt hatte. Das Gericht ist der Meinung, hier hätte das Systemhaus notfalls vorher eine kostenpflichtige Prüfung durchführen müssen.

Ein Vertrag über die Lieferung und die Installation der Standard- und Spezialsoftware ist als Einheit anzusehen und gilt als Werkvertrag.
Ein spezialisiertes Systemhaus schuldet bei der Installation eines Datenaustauschsystems aufgrund des bestehenden Wissensvorsprungs und damit einhergehender Aufklärungspflichten die vorherige Prüfung der technischen Kompatibilität der vorhandenen Systeme.

Konzeptübernahme; BGH, Urteil vom 08.06.2004; ger. Az.: – X ZR 211/02 –

Der Sachverhalt zu diesem Urteil stammt zwar aus der Werbebranche, aber auch Programmierer haben immer wieder damit zu kämpfen, dass der Kunde zunächst die Vorlage eines Konzeptes oder ersten Entwurfes der Software erwartet. Oft kommt es dann nicht zur Realisierung der Software durch den Programmierer selbst, sondern Dritte Unternehmen setzen die Pläne billiger um. Dann stellt sich auch für den Programmierer, welcher das Konzept entwickelt hat die Frage, inwieweit er hierfür auch dann eine Vergütung verlangen kann, wenn diese nicht ausdrücklich vereinbart ist.

Durch Urheberrecht sind solche Konzepte in der Regel nicht geschützt. Sofern das Konzept nicht patentiert ist, kann der Programmierer in solchen Fällen nur dann eine Vergütung verlangen, wenn die Leistung, also Konzeption üblicherweise nur gegen Vergütung zu erwarten ist. Dies soll nach BGH gem. § 632 Abs. 1 BGB bereits dann nicht der Fall sein, wenn die Kosten des Konzeptes durch spätere Beauftragung mit der Ausführung „reingeholt“ werden sollten. Dies kann sich aber anders darstellen, wenn der Auftraggeber das Konzept tatsächlich umsetzt, wie sich aus dem letzten Absatz des BGH-Urteils ergibt. Ausdrücklich hat der BGH für Werbekonzepte aber nur entschieden:

Kann eine – ausdrückliche oder stillschweigende – Vereinbarung der Werkvertragsparteien über die Vergütung nicht festgestellt werden, darf ein Vergütungsanspruch bereits dann nicht zugesprochen werden, wenn durchgreifende Zweifel bestehen, dass die Herstellung des Werks nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

„Microsoft-Kartell“ – US DISTRICT COURT OF COLUMBIA –

Wahrscheinlich einer der bedeutendsten Prozesse des Jahrhunderts gleich zu Anfang des Jahrtausends.
Nach Auffassung auch der Districtgerichtes hat die Firma Microsoft ihre marktbeherrschende Stellung beim Vertrieb einer Internet-Software (Internetexplorer) zum Nachteil anderer Wettbewerber wie Netscape ausgenutzt und dem Konsumenten dadurch erheblichen Schaden zugefügt.

OEM-Versionen; BGH; Urteil vom 06. 07. 2000 – I ZR 244/97 –

Bei diesem Urteil des BGH ist insofern Vorsicht geboten, weil es hin und wieder falsch zitiert wird. Keinesfalls ist demnach die Einschränkung des Vertriebs von OEM-Software unzulässig. Vertraglich mit dem Softwarehaus verbundene Unternehmen sind auch weiterhin an die beschränkten Vertriebsrechte gebunden.

Eine vergünstigte Programmversion einer Software, die nur zusammen mit einem neuen PC veräußert wird, kann aber für den Erwerber des PCs nicht auf ein bestimmten Vertriebsweg beschränkt werden. Aufgrund des Erschöpfungsgrundsatzes des Verbreitungsrechtes, ist die Weiterverbreitung des einmal mit Zustimmung des Urhebers in Verkehr gelangten Werkes frei.

Wer also einmal die Original-Software in Übereinstimmung mit dem vorgesehenen Vertriebsweg erworben hat, kann diese frei weiter verkaufen, sofern er nicht selbst vertraglich durch das Softwarehaus gebunden ist.

Open-Source-Software; LG München I, Urteil vom 19.05.2004 ger. Az.: -21 O 6123/04-

Lange war ungewiss, ob die GPL und das Open-Source-Modell überhaupt mit dem geltenden Urheberrecht vereinbar ist. Dabei war insbesondere streitig, inwieweit die Urhebergemeinschaft eine Open-Source-Projektes durch die GPL wirksam auf die Ausübung ihrer Urheberrechte verzichten kann und gleichzeitig für den Fall eines Verstoßes gegen die GPL alle Rechte an die Urheber zurückfallen können. Das LG München hat diesen Streit nun erstmalig entschieden.

Die GPL ist als AGBen anzusehen und unterliegt der AGB-Kontrolle. In den Bedingungen der GPL ( General Public Licene) liegt kein Verzicht auf Urheberrechte und urheberrechtlichen Rechtspositionen sondern im Gegenteil bedienen sich die Nutzer der Bedingungen der GPL des Urheberrechts, um ihre Vorstellungen der weiteren Entwicklung und Verbreitung von Open-Source-Software sicherzustellen und zu verwirklichen.
Die Folgen des in der GPL geregelten Rechterückfalls betreffen ähnlich wie bei einer rein schuldrechtlichen Beschränkung vorwiegend den Vertragspartner der Urheber und stellen keine unzulässige Rechtsbindung Dritter dar.

Websiteprogrammierung ist Werkvertrag; BGH, Urt. v. 04. 03. 2010 – III ZR 79/09

Dieses BGH Urteil ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen entscheidet der BGH zur Wirksamkeit einer Vorauszahlungsklausel im unternehmerischen Verkehr und zum anderen gibt der BGH fast eine lexikalische Liste der unterschiedlichen Vertragstypen aus dem Internetbereich und ordnet diese anhand der bestehenden Rechtsprechung den unterschiedlichen Typen des Schuldrechts zu. Dieses Urteil wird man also immer wieder mal zitieren und lesen können, wenn man einzelne Dienst- oder Werk-Leistungen im Internet vertragstypisch einordnen möchte.

Leider nicht entschieden hat der BGH die immer noch streitige Frage, ob Softwareprogrammierung nun Werk- oder Werklieferungsvertrag ist. Dies lässt er offen, auch wenn der BGH dies zuletzt für Bauleistungen eindeutig entschieden hat.

Softwarepatent; BGH, Urteil vom 19.10.2004 – X ZR 33/03 –

Nachdem der BGH in einem anderen Urteil die grundsätzliche Möglichkeit der Patentierung von Software bejaht hat, zieht er mit diesem Urteil die Grenzen enger und konkretisiert die Anforderungen an die Technizität der Erfindung.

Ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, daß der gewünschte Erfolg erzielt wird, ist nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich.
Sofern Anweisungen als Patent beansprucht werden, mit denen ein konkretes technisches Problem gelöst wird, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen Bereich liegenden Zweck des Verfahrens oder den Informationscharakter von Verfahrensergebnissen abstellt.

Patentierbarkeit von Software; BGH: Beschl. v. 11.05.2000 – X ZB 15/98 –

In diesem Beschluss nimmt der BGH ein weiteres Mal zur Patentierbarkeit von Software Stellung. Nach § 1 Abs 2 PatG gelte zwar der Grundsatz, dass Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche nicht schutzfähig i.S.d. PatG sind sondern ein Schutz nur nach dem UrhG eröffnet sei. Allerdings kann bei Vorliegen eines bestimmten Grades an vom Patentrecht geforderten Technizität ausnahmsweise auch für Software ein Patentschutz gewährt werden, wenn die softwaregestützte Lösung des technischen Problems neu und gewerblich verwertbar ist. Der BGH weitet den Begriff der Technizität weiter aus und erleichtert damit den patentrechtlichen Schutz von Software.

vergessenes Pflichtenheft; BGH, Urteil vom 24.09.1991; ger. Az.: -X ZR 85/90-

Erstaunlicherweise wird bei Softwareprojekten immer wieder mit der Programmierung begonnen, ohne dass der „Bauplan“, das sog. Pflichtenheft fertiggestellt ist. Im Zeitdruck wird dann vergessen, dieses bis zur Fertigstellung der Software nachzuholen. Der BGH sieht dies als unschädlich an. Zwar stammt die Entscheidung schon aus 1991, auch nach der Schuldrechtsreform besteht jedoch kein Anlass, eine Änderung dieser Meinung erwarten zu können.

Bei einem Entwicklungsauftrag ist mangels Pflichtenheft oder anderer konkreter Absprachen ein Ergebnis geschuldet, das dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht. Das gilt auch dann, wenn die Parteien zwar vorgesehen hatten, dass der Auftragnehmer ein Pflichtenheft unterbreiten sollte, es dann aber zur Durchführung der Entwicklung ohne Pflichtenheftfestlegungen gekommen ist. Das »vergessene« Pflichtenheft wird als Leistungspflicht durch die tatsächliche Auftragsdurchführung hinfällig.

„Portierung von Software“; BGH Urteil vom 09.10.2001; ger. Az.: – X ZR 58/00 –

Leider betrifft dieses Urteil noch einen Sachverhalt, der nach altem Schuldrecht zu bewerten war, so dass es für die neue Rechtslage hier noch wenig Aufschluss gibt. Nach den Neuerungen des Schuldrechtes gilt nun nach wohl überwiegender Meinung auch für die Individualprogramierung Werklieferungsrecht, so dass Kaufrecht anzuwenden wäre. Dieser Fall ist aber gerade wegen seiner klaren Unterscheidung zwischen Werkvertragsrecht und Kaufrecht sehr lehrreich. Ausdrücklich lässt der BGH die Frage offen, ob die Software eine Sache i.S.d. § 90 BGB ist, so dass diese Entscheidung Anlass zu weiteren Spekulationen hinsichtlich des anwendbaren Rechtes geben wird.

Der BGH entschied, wenn Gegenstand eines Vertrages die Protierung einer Software in ein anderes Betriebssystem ist, Werkvertragsrecht und nicht Kaufrecht anzuwenden sei. Für den Besteller bestehe dann auch nach Handelsrecht keine Rügepflicht.

Quellcodeübergabe; BGH; Urteil vom 16.12.2003 ger. Az.: – X ZR 129/01 –

Auch der BGH hat nun zu der strittigen Frage Stellung genommen, wann ein Softwarehersteller zur Übergabe auch des Quellcodes einer Software verpflichtet ist.

Ob der Werkunternehmer, der sich zur Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms verpflichtet hat, dem Besteller auch den Quellcode des Programms überlassen muß, ist mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Neben der Höhe des vereinbarten Werklohns kann dabei insbesondere dem Umstand Bedeutung zukommen, ob das Programm zur Vermarktung durch den Besteller erstellt wird und dieser zur Wartung und Fortentwicklung des Programms des Zugriffs auf den Quellcode bedarf.

Haben die Vertragsparteien nicht im einzelnen vereinbart, was das zu erstellende Programm zu leisten hat, schuldet der Unternehmer ein Datenverarbeitungsprogramm, das unter Berücksichtigung des vertraglichen Zwecks des Programms dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht. Welche Anforderungen sich hieraus im einzelnen ergeben, hat der Tatrichter gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe festzustellen.

Quellcodeübergabe; LG Köln, Urteil vom 15.04.2003; ger. Az.: – 85 O 15/03 –

Ob der Programmierer verpflichtet ist, dem Auftraggeber den Quellcode zu überlassen, führt immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Man sollte daher immer eine ausdrückliche Regelung mit in den Vertrag aufnehmen. Die Rechtsprechung ist der Auffassung, dass eine generelle Pflicht auch bei Individual-Software nicht besteht, sondern anhand der Umstände des Einzelfalls eine Herausgabepflicht zu prüfen ist.

Das LG Düsseldorf hat nun entschieden, dass für die wirksame Eineziehung von AGBen in einen Vertrag unter Kaufleuten der Hinweis auf Geltung der AGBen ausreicht, wenn der Vertragspartner die Möglichkeit hat, sie anzufordern. Durch AGBen kann die Verpflichtung eines Programmierers zur Übergabe des Quellcodes ausgeschlossen werden.

Softwareprogrammierung als Werkvertrag, LG Hamburg; Urteil v. 16.11.2005; ger. Az.: – 302 O 47/04 –

In einem bisher kaum beachteten Urteil hat das LG Hamburg die große Rechtsfrage, ob Softwareprogrammierung nun als Werkvertrag oder nach Kaufrecht einzuordnen wäre, in einem Nebensatz entschieden. Zwar ging es dem LG Hamburg in erster Linie um die Abgrenzung zum Dienstvertrag, jedoch hat das Gericht auch festgelegt, dass Individualisierung von Standardsoftware als Werkvertrag anzusehen ist.

Die Individualisierung und Weiterentwicklung von Standardsoftware sei als Werkvertrag einzustufen. Der Vergütungsanspruch des Softwareprogrammierers werde erst fällig, wenn eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme vorliege. Eine fingierte Abnahme könne erst dann angenommen werden, wenn der Unternehmer (Programmierer) die Fehlerfreiheit der Software nachweist.

Kein Wettbewerbsverbot ohne Karenzgeld; BGH; Urteil vom 10. 04. 2003 – III ZR 196/02 –

Dieses Urteil kann eigentlich wenig überraschen, weil man in Arbeitsverträgen sowie in Verträgen für freie Mitarbeiter eigentlich schon immer eine Karenzentschädigung festgelegt hat. Dies galt vor allem dann, wenn man verhindern wollte, dass der Programmierer das während eines aufwendigen Projektes erlangte, urheberrechtlich nicht schutzfähige Know-How für eigene Zwecke verwertet.

Der BGH hat diese Ansicht, dass der Gedanke des Karenzgeldes nicht nur für Handelsvertreter sondern für alle in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis stehende Beschäftigte gilt, nun klarstellend entschieden:
Die für kaufmännische Angestellte geltenden Wettbewerbsregelungen der §§ 74 ff HGB sind wegen des vergleichbaren Schutzbedürfnisses auch auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter (Subunternehmer) anzuwenden.

„Widerruf für RAM-Speicher“; OLG Dresden; Urteil vom 23.08.2001; 8 U 1535/01

Im vorliegenden Fall wollte ein Händler für über das Internet verkaufte Speichermedien das einem Verbraucher gesetzlich zustehende Widerrufsrecht von 14 Tagen ausschließen. Diesem wegen angeblicher Besonderheiten wie Virenbefall oder nicht überprüfbare Beschädigung der Speichermedien unternommenen Versuch trat das OLG Dresden entgegen.
Der Ausschluss von RAM-Bausteinen und anderen besonderen Hardware-Speicher-Medien aus dem einem Internet-Kunden nach § 3 Abs. 2 S. 1 FernAbsG (ab 01.01.2001 312d BGB; Anm. d. Kanzlei) zustehenden Widerrufsrecht sei mit dem Gesetz nicht vereinbar; eine solche Regelung in den AGBen des Internet-Händlers sei daher insgesamt unwirksam.