Die vergessene Regulierung von Blockchain-Technologien
Alles redet über KI und fast bekommt man den Eindruck, das Thema Blockchain ist eine veraltete Technologie. Wie eine neue Studie „The Social Cost of Blockchain“ der Universität Hamburg zeigt, ist das Thema immer noch hoch aktuell. Der EU-Gesetzgeber sollte hier seiner Gesetzgebungsbefugnis nachkommen und zum einen die spezifischen Rechtsfragen der Blockchain angehen und zum anderen besondere Aspekte wie Umweltbelastung durch intensive Nutzung von Rechenzentren adressieren. Auch hier könnte die EU dadurch einen rechtssicheren Rahmen für Unternehmen und Verbraucher setzen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, die EU hat das Thema im KI-Rausch schlicht vergessen.
In der Europäischen Union gibt es verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen und Standards, die auch beim Einsatz von Blockchain-Technologie anwendbar sind. So stellt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten, die auch für Blockchain-Anwendungen gelten. Dies beinhaltet die Einhaltung von Grundsätzen wie Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung und Sicherheit der Verarbeitung. Daneben gibt es Richtlinien für die Cybersicherheit, die auch für Blockchain-Technologien relevant sind. Diese Richtlinien zielen darauf ab, Netzwerke und Informationssysteme sicher zu gestalten und das Vertrauen in digitale Dienste zu stärken. Es fehlt jedoch ein Gesetz, was sich speziell auf diese Technologie bezieht und der EU-Gesetzgeber könnte eine Chance verpassen, für diese immer noch neue Technologien wichtige Weichen zu stellen.
Blockchain bleibt eine vielversprechende Technologie, insbesondere wenn es um die Verbesserung der Effizienz von Vertragsabschlüssen und die Reduzierung von Transaktionskosten geht. Die Anwendung im täglichen Geschäft hat sich jedoch verlangsamt, was teilweise auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen zurückzuführen ist, die mit ihrer Einführung verbunden sind. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Umweltbelastung durch den Mining-Prozess und der rechtlichen Unsicherheiten, die mit Blockchain-Transaktionen verbunden sind. Diese Herausforderungen haben zu einer gewissen Skepsis geführt, die die anfängliche Begeisterung für die Technologie gedämpft hat.
Trotzdem gibt es weiterhin Bereiche, in denen Blockchain-Technologien erfolgreich eingesetzt werden, wie z.B. in intelligenten Verträgen, im Supply Chain Management und in der Finanzindustrie. Die Europäische Patentorganisation (EPO) hat beispielsweise festgestellt, dass Europa neben den USA und Japan eines der Hauptinnovationszentren für Technologien der vierten industriellen Revolution (4IR) ist, zu denen auch Blockchain gehört. Europäische Erfinder waren für fast 30% aller 4IR-Patentanmeldungen beim EPO bis 2016 verantwortlich.
Blockchain wird z.B. im Supply Chain Management eingesetzt, um Transaktionen zu validieren und die Effizienz zu steigern. Die Technologie bietet eine dezentrale und transparente Methode, um die Herkunft von Produkten zu verfolgen, was besonders in komplexen Lieferketten nützlich ist. Sie ermöglicht es, alle Transaktionen auf einer unveränderlichen „Ledger“ (digitales Registrierbuch für Änderungen in der Datenbank der Blockchain) zu speichern, was die Rückverfolgbarkeit und Authentizität von Produkten verbessert. Dies kann zu einer Verringerung von Betrug, einer besseren Einhaltung von Vorschriften und einer effizienteren Lagerverwaltung führen.
Ein konkretes Beispiel für die Anwendung von Blockchain im Supply Chain Management ist die Verbesserung der Transparenz in der Lebensmittelindustrie. Durch die Verwendung von Blockchain können Verbraucher und Aufsichtsbehörden die Herkunft von Lebensmitteln, ihre Verarbeitung und den Transportweg nachvollziehen. Dies kann das Vertrauen der Verbraucher in die Produkte stärken und gleichzeitig den Unternehmen helfen, ihre Marken zu schützen und die Einhaltung von Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Darüber hinaus kann Blockchain im Supply Chain Management dazu beitragen, die Effizienz zu steigern, indem sie die Notwendigkeit manueller Prozesse reduziert und die Automatisierung von Verträgen durch Smart Contracts ermöglicht. Diese Verträge können automatisch ausgeführt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, was die Geschwindigkeit von Transaktionen erhöht und die Möglichkeit von Fehlern verringert.
Regulatorische Strategien für die Blockchain-Technologie sind derzeit noch nicht ersichtlich. Dies könnte zu einer ungewollten Entwicklung der Technologie in eine Richtung führen, welche von den Interessen der Gesellschaft entgegen läuft. Die Entwicklung der Blockchain-Technologie basiert traditionell auf informellen Interaktionen und Entscheidungen einer kleinen Gruppe von Personen, wie bedeutenden Minern und Kernentwicklern. Rechtzeitige Regulierung der EU könnten die Entwicklung und Implementierung von umweltfreundlicheren Mechanismen sein, die weniger Energie verbrauchen, oder die Nutzung von Blockchain-Technologien, die alle gesellschaftlichen Interessengruppen berücksichtigen. Darüber hinaus könnten regulatorische Strategien helfen, die externen Effekte zu mildern, indem sie klare Richtlinien und Standards für die Nutzung der Blockchain-Technologie festlegen. Schließlich ist ein entscheidender Aspekt der Blockchain-Technologie die konsensbasierte Validierung von Aufzeichnungen, dies sollte dann auch alle möglichen Nutzer und Betroffene in die Entwicklung einbeziehen.
Insgesamt bietet Blockchain besonders im Supply Chain Management die Möglichkeit, die Transparenz zu erhöhen, die Effizienz zu verbessern und die Sicherheit zu stärken. Es ist jedoch wichtig, dass Unternehmen die Technologie sorgfältig implementieren und die damit verbundenen Herausforderungen, wie die Integration in bestehende Systeme und die Sicherstellung der Skalierbarkeit, berücksichtigen. Es ist wichtig zu beachten, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Blockchain-Technologien in der EU weiterhin in Entwicklung sind und sich an neue Erkenntnisse und technologische Fortschritte anpassen. Unternehmen, die Blockchain-Technologien einsetzen möchten, sollten sich daher regelmäßig über die neuesten rechtlichen Entwicklungen informieren und sicherstellen, dass ihre Anwendungen den geltenden Gesetzen entsprechen.