BGH zur Zulässigkeit presserechtlicher Informationsschreiben
Auch Anwälte müssen sich an wettbewerbsrechtliche Vorgaben halten und Vorschriften über unaufgeforderte Werbung gelten auch für Kanzleien, erst recht wenn nur pauschal an mögliche Gegner rechtliche Schritte angekündigt werden. Inwieweit bereits ein solcher „Abmahn-Newsletter“ eine verbotene Handlung darstellen oder ob ein solches Informationsschreiben im Einzelfall zulässig sein kann, hat nun den BGH beschäftigt.
Der klagende Verlag gibt eine Zeitung heraus, in der unter der Rubrik „Herzblatt-Geschichten“ Veröffentlichungen der Boulevardpresse über Prominente aufgegriffen werden. Einer der Beklagten, ein bekannter Musiker, war wiederholt Gegenstand einer solchen Berichterstattung durch die Klägerin. Die Beklagte betreibt eine presserechtlich tätige Rechtsanwaltskanzlei. Sie versendet an von ihr ausgewählte Verlage sogenannte presserechtliche Informationsschreiben, in denen ein rechtliches Vorgehen gegen eine etwaige Berichterstattung über gewisse Ereignisse oder Umstände in Aussicht gestellt wird. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, sie aus dem Verteiler für den Versand derartiger Schreiben zu nehmen.
Die Beklagten übermittelten der Klägerin am 11. Mai 2016 gleichwohl ein weiteres presserechtliches Informationsschreiben, mit dem sie darum baten, von einer Übernahme der angeblich persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung über den zweiten Beklagten in einer anderen Zeitung Abstand zu nehmen. Die Klägerin verlangte von den Beklagten, es zu unterlassen, ihr presserechtliche Informationsschreiben per Telefax zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben vom 11. Mai 2016.
Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nun entschieden, dass ein solcher „Abmahn-Newsletter rechtswidrig ist, wenn die darin enthaltenen Informationen für eine Abwägung der Rechte der Betroffenen nicht ausreichend sind.
Die Übermittlung eines presserechtlichen Informationsschreibens greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb eines Presseunternehmens ein. Derartige Schreiben zielen auf einen effektiven – möglichst bereits vor einer Verletzung wirksam werdenden – Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Sie dienen dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken. Hinter diesen schutzwürdigen Interessen hat das Interesse eines Presseunternehmens, presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel zurückzutreten. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden. So verhielt es sich im Streitfall.
Quelle: BGH- Pressemitteilung Nr. 005/2019