BGH definiert erneut „Fernabsatz“

Der BGH hat in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung noch einmal Stellung zu der Rechtsfrage genommen, wann ein „Fernabsatzgeschäft“ vorliegt und dem Verbraucher somit besondere Rechte wie etwa Widerrufsrecht von 14 Tagen zusteht. Zwar bezog sich der Sachverhalt auf ein Finanzgeschäft, die Entscheidung ist aber auf jeden e-commerce Sachverhalt zu übertragen. Auch da steht dem Verbraucher nur dann ein Widerrufsrecht zu, wenn es sich um einen Fernabsatzvertrag handelt. Nach § 312c BGB liegt ein solcher vor, wenn ein Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden.

Der BGH hat geurteilt, dass es an einem Vertragsschluss „unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ fehlt, wenn der Verbraucher während der Vertragsanbahnung persönlichen Kontakt zu einem Mitarbeiter des Unternehmers oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter hat. Das ergibt die gebotene richtlinienkonforme Auslegung (dazu BGH, Urteile vom 29. April 2010 – I ZR 66/08, WM 2010, 2126 Rn. 18, vom 15. Mai 2014 – III ZR 368/13, WM 2014, 1146 Rn. 19 und vom 7. Juli 2016 – I ZR 30/15, WM 2017, 1711 Rn. 38 ff. sowie – I ZR 68/15, NJW-RR 2017, 368 Rn. 35 ff.) des § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB. Sowohl Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie) als auch Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher definieren einen Fernabsatzvertrag als einen Vertrag, bei dem der Lieferer „für den Vertrag bis zu dessen Abschluss einschließlich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken verwendet“ bzw. bei dem der Anbieter „für den Vertrag bis zu und einschließlich dessen Abschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet“. Nach Unionsrecht setzt der Abschluss eines Fernabsatzvertrags mithin voraus, dass „die beiden Vertragsparteien – der Lieferer und der Verbraucher – bei der Anbahnung und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Fernabsatzvertrags nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind“. Entsprechend erkannte schon der Gesetzgeber des § 1 FernAbsG, bei Vertreterbesuchen oder Ähnlichem liege kein Fernabsatz vor.

Mit der Einführung des § 312b Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, der wörtlich aus § 1 FernAbsG übernommen wurde, und mit der Umsetzung der Richtlinie 2002/65/EG durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen änderte er an dieser unionsrechtskonformen Definition des Fernabsatzvertrags nichts. Nur in Fällen, in denen der Verbraucher keine Möglichkeit hat, vor Vertragsschluss den Vertragsgegenstand persönlich in Augenschein zu nehmen oder im persönlichen Gespräch mit dem Unternehmer oder einem vom Unternehmer bevollmächtigten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, besteht ein Bedürfnis für ein zweiwöchiges Widerrufsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 380/03, BGHZ 160, 393, 398 f.).

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