Künstliche Intelligenz und Recht

Es ist eines der ganz großen Themen der Menschheit: Künstliche Intelligenz. Seit der Geist von ChatGPT aus der Flasche gelassen wurde, überbieten sich die Szenarien der technologischen Entwicklung, und in Deutschland mal wieder die Bedenken gegen eine neue Technologie. Dabei ist auf zahlreichen Tagungen das Thema auch angekommen und fast jeder Vortrag zu dem Thema beginnt mittlerweile mit einem kleinen Intor zum Thema, das durch ChatGPT erstellt wurde. Fast kann man der Versuchung nicht widerstehen, einen Artikel zu diesem Thema ebenfalls einfach von Chat-Robot selbst schreiben zu lassen. Wie sich zeigen wird, sollte man da allerdings größte Vorsicht walten lassen.

Grundsätzlich ist die mit Hilfe von ChatGPT betriebene Recherche erst einmal nichts anderes als eine in Textform gegossene Internet-Suche. Die KI führt Informationen in einem Text zusammen, die andere zuvor im Internet hinterlegt haben. Allerdings lernt die hinter den Chat-Robots stehende KI schnell, welche Suchergebnisse die bessere Relevanz bieten. Relevanz ist wiederum eigentlich das „Buzzword“ für Suchmaschinen, denn auch wenn sich bezahlte Inhalte immer wieder in den Suchergebnissen von Google & Co nach vorne schieben, Relevanz ist und bleibt der eigentliche Mehrwert einer Suchmaschine und wird daher von Suchmaschinenbetreibern gehegt und gepflegt.

Welche Ergebnisse man bei einer Recherche für die relevantesten hält, hängt aber auch sehr stark von dem eigenen Erwartungen, Vorbildung, Kulturraum, Erziehung etc. ab. Wie man diese Ergebnisse findet, welche Suchbegriffe man eingibt und ob man bereits bei der Suche Fachbegriffe verwendet, ändert ebenfalls die Suchanfrage. Bisher konnte der vorgebildete Nutzer immer einen Vorteil gegenüber der Allgemeinheit ohne Vorwissen bei der Internetrecherche erringen. Die Frage ist, ob dies künftig auch noch so sein wird, wenn die Suchergebnisse mittels künstlicher Intelligenz immer besser werden. Die Frage ist aber auch, ob sich dadurch dann nicht auch das Potenzial für „gefährliches Halbwissen aus dem Internet“ vergrößern wird. Die Medienkompetenz der Nutzer wird demnach immer wichtiger werden und damit auch der Bedarf an Experten, die eine solche Beratung leisten können.

Rechtlich gesehen wird man den Einsatz von künstlicher Intelligenz für Texte und Webinhalte grundsätzlich nicht anders zu werten haben, als wenn eine natürliche Person einen Beitrag erstellt. Denn in den meisten Fällen wird sich ein Autor oder Programmierer den von der KI erstellten Text oder Recherche zu eigen machen, sobald er diese auf der eigenen Webseite einstellt. Außer in den Fällen, in denen das Suchergebnis überhaupt nicht nach außen in Erscheinung tritt, sozusagen nur zum privaten Vergnügen abgerufen wird, tritt ja mit der Verbreitung des KI-gestützten Wissens immer eine Rezeption in der Außenwelt ein. Übernimmt man für sich die Ergebnisse der KI, macht man sich diese unweigerlich zu eigen und diese sind dann wie eigene Inhalte zu bewerten, jedenfalls im Bereich der Haftung. Natürlich kann man an dieser Stelle einen disclaimer setzen, der auf die Ergebnisse durch künstliche Intelligenz hinweist, ob dies von den Gerichten anerkannt wird, muss sich erst noch zeigen.

Sobald man über Haftung von Inhalten spricht, taucht auch die Frage auf, inwieweit KI-gestützte Ergebnisse, urheberrechtsfähig sind. Gerichtsentscheidungen liegen hierzu noch nicht vor, man kann jedoch die Rechtsprechung zu anderen Werken heranziehen, die nicht von Menschen stammen. In einer sehr interessanten Entscheidung eines Bundesgerichtes aus San Francisco wurde bereits 2016 entschieden, dass Selfies von Affen nicht dem Urheberrecht zugänglich sind. Bei all den Unterschieden zum coppyright in den USA wurde das Urteil auch in Rechtskreisen in Europa mit Zustimmung aufgenommen. Affen hätten schon nicht den Status, um gegen den Urheberrechtsschutz zu klagen. Urheberrechtsverletzungen können nur im Auftrag von Menschen geltend gemacht werden, urteilten die Richter. Es herrscht auch breite Zustimmung, dass ein Werk i.S.d. UrhG nur ein „durch eine Person“ also ein Mensch erstellte kreative Leistung sein kann. Fehlt der Bezug des Menschen, liegt kein Werk vor.

Das führt dazu, dass durch KI erstellte Bilder, Musik, Texte und damit auch Computerprogramme nicht dem Urheberrechtsschutz unterliegen und damit „public domain“ sind, also frei verwendet werden dürfen. Nun gibt es bereits Künstler, die sich auf den Standpunkt stellen, dass ein Bild vielleicht von KI gemalt wurde, dass aber unter mehreren Versionen oder Entwürfen der KI der Künstler die Auswahl getroffen hat und diese dann -ähnlich wie Duchamps bei seinen „ready mades“- durch einen schöpferischen Akt zur Kunst erhoben hat. Dies wird aber nur an dem konkreten Werkstück etwaige Rechte entstehen lassen können und nicht die dahinterstehende Schöpfung des Werkes durch die KI monopolisieren können.

Die Gerichte werden zeigen, ob man Bilder oder Texte, die so mittels KI hergestellt wurden, frei übernommen werden dürfen. Nach dem jetzigen Stand der Rechtslage ist davon auszugehen, dass sämtliche KI-Inhalte „gemeinfrei“ sind, also von jedermann beliebig verwendet werden können. Das sollte Werbeagenturen und Programmierer aufhorchen lassen. Denn Auftraggeber verlangen nicht selten individuelle Inhalte, die sie ausschließlich selbst in eigenen Kampagnen oder proprietären Programmen verwenden können. Hier verbietet sich also der Einsatz von KI, denn alles, was die KI erschaffen hat, wird man frei verwenden können. Ähnlich wie bei den free-to-use-Fotodatenbanken, die sich zu Beginn großer Beliebtheit erfreuten, wird man wohl auch bei Content feststellen, dass individuelle Werke ihre Bedeutung behalten werden.

Das wird wohl auch für Patente gelten. Patente sind eine geschützte Erfindung eines Menschen, die zur Lösung eines technischen Problems führt. Dabei wurde bereits entschieden, dass eine KI-Maschine, die nicht rechtsfähig ist, auch nicht als Erfinder benannt werden kann, denn die Benennung eines Erfinders ist eine notwendige Voraussetzung für die Anmeldung eines Patents (Entscheidung J 8/20 vom 5. Juli 2022; sog. „DABUS“-­Entscheidung). Danach muss der Erfinder eine natürliche Person sein. Spannend wird die Frage sein, ob ein Patent anmeldefähig bleibt, wenn für die Lösung des technischen Problems KI zur Hilfe genommen wurde. Man könnte hier auch den Standpunkt vertreten, dass in dem Moment, wo die KI die technische Lösung findet, diese bereits Stand der Technik und damit nicht mehr schutzfähig ist. Auch hier wird sich eine spannende Rechtsprechung entwickeln.  

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich zwischen Auftragnehmer und Auftraggebern vertragliche Regelungen herausbilden werden, die im einzelnen die Zulässigkeit des Einsatzes von KI erlauben, vielleicht aus Kostengründen sogar vorschreiben. Es bleibt dann aber zu berücksichtigen, wie man einen proprietären Teil des Werkes herausbilden und dem gesonderten Schutz zuführen will. Noch komplexer werden die Rechtsfragen dann, wenn die KI womöglich ohne Kenntnis des Anwenders der KI Open-Source-Software oder free-to-use-Inhalte verwendet, welche dann wieder dem Regime von Public-Lizenzmodellen und dem copy-left-Effekt unterfallen.

In jedem Fall sollte man die betroffenen Rechtsfragen und auch die tatsächlichen Zusammenhänge genau prüfen, bevor man sich auf bei seiner Arbeit auf KI zurückgreift, erst recht im gewerblichen Bereich.

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